Zusammenfassung
In Teil 1 in der letzten Ausgabe des Balint Journals bin ich davon ausgegangen, dass
Balintarbeit als ein Empathietraining verstanden werden kann. Ich habe empirische
Untersuchungen referiert, die darauf hinweisen, dass es mit dem Spiegel-Neuronen-System
eine biologische Grundlage der Empathie gibt. Diese Untersuchungen lassen eine verkörperte
Simulation verstehen als Grundlage sowohl der Fähigkeit, sich vorzustellen, was andere
denken, wie der Empathie. Ich habe das auf Balintarbeit angewendet und habe eine solche
Auffassung von Balintarbeit einer Auffassung gegenüber gesetzt, die mehr einer Theory theory of mind entspricht und die die intellektuelle Anstrengung betont, wie es W. König [1 ] macht. Ich bin dabei der phänomenologischen Analyse von Depraz, Varela und Vermersch
im Buch: „On becoming aware” [2 ] gefolgt. In diesem zweiten Teil wende ich die Erkenntnisse aus „On becoming aware”
auf eigene Erfahrungen an, und es zeigt sich dabei, wie intensiv vor allem in Balinttagungen
der Prozess ist, der uns mitreißt, und wie sehr eine vor allem intellektuelle Anstrengung
zum Verständnis zu kurz greift. Ich schildere zum Abschluss, wie ein konstruktivistisches
Denken, z. B. dargestellt in B. Pörksen: „Die Gewissheit der Ungewissheit” [3 ], zu einer Distanzierung in solch intensiven Prozessen und zu einer Wertschätzung
anderer Standpunkte verhelfen kann.
Abstract
In part 1 of my article published in the previous edition of the Balint Journal, I
have proceeded from conceiving Balint-Work as a training of empathy. I have presented
empirical studies that show the mirror-neuron system as a biological foundation of
empathy. These studies let understand an embodied simulation as the foundation of
a theory of mind and of empathy. I have applied these views on Balint-Work and have
contrasted this conception of Balint-Work to a conception that belongs more to a theory
theory of mind that stresses the intellectual effort. I have referred there to W. König
[1 ]. My conception followed the phenomenological analysis of Depraz, Varela and Vermersch
in their work: “On becoming aware” [2 ]. In this second part of the article, I apply the ideas from “On becoming aware”
on my own experiences. I show that the processes especially in longer Balint-conferences
are so intense that they carry us away, and that a foremost intellectual effort to
understand does not suffice. I describe how a constructivist thinking as presented
in “Die Gewissheit der Ungewissheit” by B. Pörksen [3 ] can help us to get more distance in such intense processes and to better esteem
divergent standpoints.
Schlüsselwörter
Balintarbeit - Empathietraining - Spiegel-Neuronen-System - Verkörperte Simulation
- Theory of mind - Phänomenologische Analyse - Prozess in Balinttagungen
Key words
Balint-Work - training of empathy - mirror-neuron system - embodied simulation - theory
of mind - phenomenological analysis - process in Balint-conferences
Literatur
1 König W. Die Leitung von Balintgruppen. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2004
2 Depraz N, Varela F J, Vermersch P. On Becoming Aware. A pragmatics of experiencing. John
Benjamins Publishing Company, Amsterdam / Philadelphia 2002
3 Pörksen B. Die Gewissheit der Ungewissheit. Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg
2002
4 Kutter P. Ein psychoanalytischer Beitrag zur professionellen Sozialisation im Rahmen
des Forschungsschwerpunktes Hochschul-Didaktik. Antrag an die Deutsche Forschungsgemeinschaft,
Frankfurt 1979
5 Blume, aus der Sicht von Insekten. Bildquellennachweis: bab.ch/mauritius images
1 Bearbeitung des Vortrags vor der Österreichischen Balint-Gesellschaft am 31.5.2007.
Ich danke Herrn Dr. Edlhaimb für die Einladung und die Anregung, die Bedeutung der
Spiegelneurone für die Balintarbeit zum Thema zu machen.
Dr. med. H. Egli
Etzelbüntstrasse 28
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Schweiz
Email: hch.egli@balint.ch